Phobokratie – wollen wir uns die Herrschaft der Angst noch leisten?

Jüngst erzählte mir eine Führungskraft aus dem Mittel-Management, dass bei ihr im Unternehmen der Begriff „Angst“ in der Kommunikation nach wie vor tabuisiert ist. Angst ist eigentlich ein wertvoller Hinweis auf persönliche oder strukturelle Optimierungsbedarfe in Organisationen. Die Angst vor der Angst ist jedoch die einzige Form, die dem Unternehmen definitiv keine Wertschöpfung ermöglicht, weil sie Veränderungen blockiert, den Mitarbeitern die Kraft raubt und viel Geld kostet.

Die „guten“ Absichten hinter dem Tabu:
• Keine „unnötige“ Drama-Ladung ins Spiel bringen, die eskalieren könnte
• Keine eigene Schwächen offenbaren und damit Ablehnung riskieren
treffen auf
• Unkenntnis über den Sinn, Zweck und Nutzen der eigenen Gefühle
• und die fehlende Vorstellung über die Möglichkeiten, die eigenen Gefühle als wichtige Informations-Ressource in der Zusammenarbeit zu nutzen

Der Phobokratie entgegen steht der Anspruch, in einer Vertrauenskultur zusammen zu arbeiten. Doch um Vertrauen im Job tatsächlich leben zu können, braucht es Klarheit über die operativen Wirkungszusammenhänge der menschlichen Gefühle und eine gemeinsame Vorstellung der Vertrauensfaktoren im Führungsalltag.

Erst dann entsteht eine wirklich offene, respektvolle Kommunikation und ein konstruktiver, chancen-orientierter Umgang mit Fehlern.

„Dem ängstlichen Mitarbeiter vorzuwerfen, dass er ängstlich ist, macht ihn nicht mutiger, deshalb versuche ich lieber, sachlich zu bleiben!“ Dieses Zitat könnte wahrscheinlich von den meisten Führungskräften stammen, aber bringt uns diese Haltung weiter?
Wäre es nicht an der Zeit, dass Unternehmen ihre Mitarbeiter dazu befähigen, ihre eigenen Gefühle zu verstehen, um sie dann eigenverantwortlich zu managen?
Wäre es nicht an der Zeit, dass Führungskräfte dabei vorbildhaft vorangehen können?